Der Stechapfel (Datura stramonium) verfügt über eine lange Geschichte, was seine rituellen Anwendungen betrifft. Wir dürfen bei dieser Pflanze, nie den Gedanken verlieren, dass er eine mächtige Giftpflanze ist und uns vergiften kann. Man sollte den Stechapfel mit grosser Ehrfurcht betrachten; eine Pflanze mit einem grossen Pflanzengeist. Wo sein Ursprung ist, ist bis heute nicht eindeutig. Vermutet wird die USA und Mexiko, aber er soll nicht von Kolumbus seinen Fahrten mitgebracht worden sein, sondern taucht schon viel früher in alten Schriften in Indien und Europa auf, wie zum Beispiel bei der Hildegard von Bingen. Daher wird auch angenommen, dass seine Heimat Asien ist.
Stechapfel im Naturgarten
Der Stechapfel ist eine einjährige Pflanze. Er benötigt für ein reiches Wachstum die volle Sonne kommt, aber auch mit Halbschatten zurecht. Die Vermehrung erfolgt durch Aussaat im Frühjahr. Bei gutem Standort kann er eine Grösse von bis zu zwei Meter erreichen; in Töpfen wird er nicht so gross. Auch kommen die Blüten nicht so reichhaltig und viel, wie es sonst in guter Erde ist. Seine Blüten öffnet der Stechapfel erst in der Nacht. Seine Blütenzeit ist von Juni bis September, wobei seine Blüten bei mir noch im Oktober blühen. Seine Samen, für das kommende Aussaatjahr, können ab Ende September gesammelt werden. Ihre Keimfähigkeit bleibt über Jahre erhalten; ca. 100 Jahre und mehr.
Ich hatte ihn mal vor Jahren auf einer Schutthalde entdeckt und mir gleich Samen mit nachhause genommen. Er hat sich bei mir ein Hochbeet zum Wachsen ausgesucht. Dort kommt er jedes Jahr aufs Neue; ein paar Samen ziehe ich so manches Jahr in Töpfen. Sie bleiben dann in der Gartensaison im Gewächshaus, damit die Nachtfalter, die sich dort tagsüber verstecken, etwas in der Nacht haben und morgens habe ich dann seinen betörenden Duft, der mich irgendwie an Waschpulver erinnert. Die Blüten des Seifenkrauts haben den gleichen Geruch, wie ich es empfinde. Aus Seifenkrautwurzeln stellte man früher ein Waschmittel oder Shampoo her. Es gibt viele Menschen, die den Blütenduft des Stechapfels nicht mögen. Der Duft seiner Blätter oder eher gesagt der ganzen Pflanze ist heftig und kaum zu beschreiben und nicht wirklich schön; aber seine Blüten sind schon ein anderes Dufterlebnis. Daran merkt man schon, dass er eine Giftpflanze ist.
Verwechselt werden kann der Stechapfel mit Jungpflanzen von Spinat, Gänsefuss oder auch Mangold. Daher sollte hier ein wenig drauf Acht gegeben werden, wenn man sich dieses Nachtschattengewächs in den Garten holt oder auch in die Nähe von Gemüsebeeten pflanzt. Lieber etwas von diesen Beeten entfernt pflanzen. Er vermehrt sich fleissig, wenn man ihn lässt. Seine Samenproduktion ist enorm und ihre Keimzeit ist sehr gut und absolut problemlos. Sein Wasserbedarf ist sehr gering. Nur bei den Jungpflanzen muss man auf die kleinen Vielfrasse, sprich Nacktschnecken, achten; ich glaube er ist einer ihrer Lieblingsspeise, wie aber viele Giftpflanzen, wie ich es in meinem Garten immer wieder beobachten konnte.
Die schönen Samenkapseln können gesammelt und für herbstliche Tür- oder Tischkränze oder anderer Dekoration verwendet werden. Sie eignen sich wunderbar dafür und sehen schön aus. Auch Fenstergirlanden können gebastelt werden.
Wie ihr gelesen habt, handelt es sich bei dem Stechapfel, um eine Giftpflanze, die auch tödlich wirken kann, wie auch der Eisenhut, Herbstzeitlose oder das Bilsenkraut. Aber sie deshalb nicht in unseren Gärten zu kultivieren, finde ich fatal, weil viele Insekten gerade auf diese Naturpflanzen angewiesen sind. Klar, sollte man auf Kinder und Tiere achten und die Giftpflanzen vielleicht dort kultivieren, wo sie nicht so direkten Zugang haben. Beachtet das bitte, wenn ihr Giftpflanzen kultiviert.
Stechapfel im medizinischen Volksglauben
Stechapfelblätter waren eine lange Zeit offizinell, dass heisst, dass sie in der Apotheke verkauft wurden. Seine Eigenschaften reichen von betäubend, krampflösend, hustenstillend, narkotisierend bis schmerzstillend. In Osteuropa nahm man den Stechapfel daher, zum Räuchern gegen Zahnschmerzen. Dafür wurden die Samen einfach auf heisse Kohlen gestreut oder auch in den hohlen Zahn gesteckt. Gegen Asthma hat man früher spezielle Zigaretten geraucht, die es sogar in der Apotheke zu kaufen gegeben hat. Auch Schwindsüchtigen (Tuberkulose) gab man Zigaretten aus Stechapfelblättern zum Rauchen. Die Samen waren auch unter der Bevölkerung gegen Seitenstechen bekannt.
Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Stechapfel gegen Geisteskrankheiten und religiösen Wahnsinn eingenommen. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wieviele Menschen daran gestorben sind. Im damaligen Indien verwendeten Ärzte gegen Kopfschmerzen, Räucherungen mit zerschnittenen Stechapfelstängeln an. Unter einem Tuch liessen sie den Rauch an die leidende Stelle gehen, wobei natürlich Vorsicht gegen das Einatmen des Rauches zu beobachten war. Im früheren Orient bereitete man aus frischen Stechapfelblättern, die mit Butter über einem Feuer geröstet wurden, eine Salbe zu, die äusserlich gegen rheumatische Schmerzen verwendet wurde.
Als Gegenmittel gegen Stechapfel-Vergiftungen nahm man Kaffee, Essig, Zitronensäure in großen Mengen. Auch Tabak und Opium waren damals Gegenmittel. Im Mittelalter hat man warme Butter getrunken und Hände und Füsse in warmes Wasser gesteckt. Bei sowas frage ich mich, ob es geholfen hat?
Stechapfel im Brauchtum
Die Donnerkugel, wie dieses Nachtschattengewächs auch im Volkstümlichen heisst, war unseren Vorfahren eine grosse Zauberpflanze, wie eigentlich fast alle Giftpflanzen. Seine volkstümlichen Namen beschreibt diese Pflanze im Glauben unserer Vorfahren sehr deutlich, wie zum Beispiel Tollkraut, Teufelsapfel, Zigeunerapfel oder Hexenkamm. Stechapfelsamen bei sich getragen, soll vor übler Nachrede schützen. Die geschlossenen Samenkapseln hatten ihren Bestandteil auch in manchen Gegenden, in dem Kräuterbündel, das am 15. August zur Weihe gebracht wurde. Ein ursprünglich heidnischer Brauch.
Er war eine von den Giftpflanzen, der berühmten und berüchtigten Hexensalben. Eine Salbe, die ihren Ursprung im Mittelalter hat und worüber es sehr viele verschiedene Rezepturen gibt. In der früheren Literatur schrieb man auch über die Hexensalben und zwar:
Das, die damit bestrichene Unglückliche
„einen tiefen natürlichen Schlaf und unterschiedliche Phantasien hat,
darin der Hexe vor lauter Tanzen, Fressen, Saufen, Musik
und dergleichen träumt, also dass sie vermeinet, sie sei geflogen“.
(Valvaser | Ehre des Herzogtumes Crain | Laibach 1689)
Stechapfel im Glauben der Roma und Sinti
Der meiste Volksglauben über den Stechapfel kommt aus dem Glauben der Roma und Sinti. Sie rieben mit dem Stechapfel auch ihre Kranken ein, damit sie schnell Genesung erhielten. Diese Pflanze war ihnen sehr wichtig, gegen jeglichen Zauber, wie den Bösen Blick. In Transsilvanien fertigte man einen Beutel aus Wieselfell, den man mit Stechapfelsamen befüllte, wenn das junge Ehepaar in ihr Zelt wollte, wurden sie vorher mit Wasser übergossen und mit dem Wieselfellbeutel abgerieben. Der Glaube dieses Brauches war, dass die Stechapfelsamen den Bösen Blick und das Wieselfell Unglück von den frisch Vermählten fernhielt. In Ungarn vergrub man auch Samen unter der Türschwelle. Roma und Sinti gebrauchten den Stechapfel vorallem für ihre Hexenkünste. In der Bukowina, eine Landschaft, die die Ukraine und Rumänien verbindet, nahm dieses Volk auch die Tollkirsche für diese Zwecke.
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